Ein Zeitzeuge berichtet
"Man müsste sich mit Benzin übergießen und anzünden, damit die Gesellschaft auf geltende Missstände aufmerksam wird". Bezogen auf die Selbstverbrennung (1976) des Pfarrers Oskar Brüsewitz erbrachte dieser Satz dem ehemaligen "Staatsfeind" Dr. Karsten Dümmel die Aufmerksamkeit Honeckers und somit, durch dessen Freikaufen Dümmels als auch 999 weiterer politischer Gefangener 1987, das Entkommen aus dem sozialistischen Regime der DDR.
Eine Diktatur, die auch nicht davor zurückschreckte, für den Kontakt zum eigenen Vater gegen ein 6-jähriges Kind - Dümmels Tochter - vorzugehen. Jenes Vorgehen bestand aus "Zersetzungsmaßnahmen" und meinte die systematische Diskreditierung einer Person in der Gesellschaft.
Dr. Dümmel selbst erfuhr das Grauen der StaSi anhand von Observationen (inkl. Beschattung seines Privatlebens durch Verwanzung), wiederholter, unbegründeter Ablehnung jeglicher Ausreiseanträge vor seinem Freikauf sowie, nicht zuletzt, insgesamt vier politischen Gefangenschaften.
Angefangen hatte der Terror damit, dass er als Jugendlicher für die Gründung 'illegaler' (= nicht genehmigter) kirchlicher Gemeinschaften erstmals in politische Haft kam. Durch spätere Beteiligung an Friedensmärschen und "illegalen Arbeitsgruppen" sowie oberflächlicher "Non-Konformität" geriet er sogar auf die "Liste der Staatsfeinde".
Seit 1998 begibt sich Dr. Karsten Dümmel bis heute, lange nach dem Fall der Deutschland-aufspaltenden Mauer, als Zeitzeuge an verschiedene Orte, so auch an das Johannes-Kepler-Gymnasium. Gerade in dieser besonderen Zeit, in der sachliche Aufklärung über die Geschichte umso wichtiger ist, leistet er anhand eben doch äußerst eindrücklicher Erfahrungen wertvolle Bildungsarbeit.